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Channel: Peer Steinbrück – Indiskretion Ehrensache
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Das Peerblog: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde

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Stellen Sie sich vor, Ihr bester Freund käme eines Tages zu Ihnen mit einer dieser voluminösen Golftaschen. “Kannst Du Dir das vorstellen?”, ruft er aus, “ich spiele jetzt Golf. Hier, schau, die Schläger – haben mich ein halbes Monatsgehalt gekostet. Aber sind die nicht toll? Mit so einem Set hat Martin Kaymer den Ryder Cup gespielt.”

Natürlich wundern Sie sich, denn diese Leidenschaft ist für sie neu: “Wie lang trainierst du denn schon?”, fragen sie den Freund.

“Trainieren? Kommt noch. Ich hab mich jetzt im Club angemeldet. Da haben schon die ersten gesagt, meine karierten Hosen sähen aus wie bei einem Circus-Clown. Jaaahaaa – kaum Mitglied und schon zittern sie vor mir. Das muss mir erstmal jemand nachmachen.”

Total bescheuerte Vorstellung, ein Freund, der sich so deppert benimmt?

Nun ja.

Tatsächlich sehen wir derzeit auf bundespolitischer Ebene ein Projekt, das sich exakt so benimmt: das Peerblog.

Schnappschuss (2013-02-05 17.39.30)

Nein, nein, glauben Sie bitte nicht, Peer Steinbrück wolle tatsächlich digitalen Wahlkampf bestreiten und nun so richtig anfangen, zu kommunizieren. Natürlich nicht. Bei diesem Blog handelt es sich um das Produkt einer PR-Agentur, das angeblich von fünf “Unternehmerpersönlichlichkeiten” mit einer nach Medienberichten sechsstelligen Summe finanziert wird. Wer diese Unternehmer sind? Weiß keiner.

Kopf des ganzen ist aber der ehemalige “Focus”-Mann Karl-Heinz Steinkühler, Betreiber einer PR-Agentur in Düsseldorf und im Zusammenhang mit den NRW-Wahlkampf 2010 Zentrum einiger Spekulationen. Abgeordnetenwatch berichtet heute sogar, die Agentur habe 2011 mit leichtem Zugang zu Politikern geworben, der Chef pflege enge Beziehungen zu Ex-Eon-Chef Wulf Bernotat oder Ex-Thyssen-Chef Ekkehard Schulz. Auch Jürgen Rüttgers wurde als enger Kontakt dargestellt.

Diese Intransparenz der Finanzierung wird nicht nur von Lobbycontrol kritisiert. Wenn es doch nur das wäre…

Das Peerblog ist genauso wie die Netzpolitik der SPD: Allein die Tatsache, dass man da ist, in diesem Netz soll den Bürger bereits walfischgroße Ehrfurcht einflößen, ihn auf die Knie zwingen und ihn zu einer Anbetung der großen Sozialdemokraten bringen, die sich nun die wichtigste aller Technologien erschließen. Nehmen wir nur Peer Steinbrücks Twitter-Account: Der hält gelegentlich Fragerunden ab, bei denen sich die beantwortende Reaktion um jede kritische Frage – vor allem aber um den Bereich Netzpolitk – herumdrückt. Aber, hey, wir haben einen Twitter-Account. Yay! Hurra! Das Dasein als Beweis der Kompetenz – selbst wenn das Handeln zeugt von tiefer Inkompetenz.

Auch das Peerblog bekommt sich gar nicht mehr ein vor lauter Selbstbeeindrucktsein. Allein schon die “Über uns”-Rubrik platzt vor Begeisterung über das eigene Tun und vergleicht sich dann gleich mal mit Obama:

“Die deutsche Politik hat (bisher) nicht begriffen, wie es geht. Zwar nutzen nahezu zwei Drittel aller Bundestagsabgeordneten eine Facebook-Seite, ein Viertel der Bundesminister twittert gar täglich, aber die politischen Gestalter unter der Berliner Reichstagskuppel vernachlässigen die direkte Online-Kommunikation mit den Bürgern.
Wir versuchen was. Wir haben was entwickelt. Für den Kandidaten Peer Steinbrück.
Peer Steinbrück lässt von seinem SPD-Team twittern – wenn es Zeit hat. Peer Steinbrück war bis Ende Oktober nicht auf Facebook präsent. Er liebt nach wie vor die direkte Begegnung mit dem Bürger. Peer Steinbrück hatte keinen Blog. Bis jetzt.
Bloggen ist etwas, das in der deutschen Politik mancherorts sicherlich noch mit „ck“ geschrieben wird und eher im Schreibwarenladen um die Ecke vermutet wird.
Wir haben Peer Steinbrück gefragt, ob wir für ihn bloggen dürfen. Wir haben ihm unser Konzept präsentiert. Wir haben gezeigt, wie in den USA politische Kommunikation tagesaktuell betrieben wird. Wir haben an die arabischen Revolutionen in Tunesien, Libyen und Ägypten erinnert, die ohne Blogs und Internet und die daraus resultierende weltweite Unterstützung niemals gelungen wäre.
Peer Steinbrück hat zugehört und analysiert. Er hat sein OK gegeben, dass wir seinen Namen für diesen Blog nutzen können. Abseits seiner Partei. Hier ist ein Medium entstanden – wie in den USA – das grundlegender und länger angelegt ist, als auf einen kurzfristigen Plakate-Wahlkampf.”

Ja, das Steinbrück-Blog zeigt jetzt mal wo der Hammer hängt. Oder auch nicht.

Denn warum sollte man vorhersehbare Kritik am politischen Gegner lesen, geschrieben von PR-Redakteuren? Annette Schavans Doktor-Affaire ist besonders schlimm, weil sie Forschungsministerin ist. Ach? Echt jetzt? Angela Merkel ist feige, weil sie kein zweites TV-Duell will – wären wir ohne das Peerblog nie drauf gekommen.

Das alles ist platt und vorhersehbar. Peinlich wird es, wenn Kommentatoren die Steinkühler-Leute auf Grundlegendes hinweisen müssen, wie zum Beispiel suchmachinenoptimierte Links oder Fotocredits. Weiterhin zu finden aber ist anscheinend eine Art Testbeitrag. Oder wie sonst ist ein besonders flachbrüstiges Stück Peer-Bejubelung zu erklären, dessen Autor als “Kolumnist” pseudonymisiert wird und dessen Link “ein-titel” enthält?

Natürlich war wenig anderes zu erwarten, schaut man genauer hin. Denn jene PR-Agentur Steinkühler betreibt selbst ein Blog, das Stoneblogger.

Schnappschuss (2013-02-05 17.40.44)

 

Und auch dieser wird umjubelt als wie ein digitaler Messias:

“Sind wir nun der Zeit voraus, exklusiv oder schräg? Schauen wir zu sehr in die USA, nach England oder Frankreich? Ist Deutschland kein Land, das bloggt? Doch – Deutschland bloggt, aber im Verborgenen. Es sind kleine Nischen, in denen sich Kluge und Schwätzer, Aufgeklärte und Aufgeregte, Besserwisser und Alleswisser, Besorgte und Gleichgültige, eben Menschen aus diesem Land, im Internet mit ihrem Leben, ihrem Umfeld, ihrem Job, ihrer Schule, ihrer Versicherung, der Energiepolitik, der Sozialpolitik oder der Gesundheits- und Verbraucherpolitik beschäftigen…

Wir trauen uns. Wir kommunizieren. Wir wollen dazu beitragen, eine Sprachlosigkeit aufzubrechen, die in deutscher Politik und in nationalen Konzernen schlummert, während Konkurrenten in der Welt Kunden oder Politiker in Amerika Wahlen gewinnen.”

Sehen wir mal vom Impressum ab, das nicht den rechtlichen Standards genügen dürfte. Auch das dürre, langweilige Design sei nur am Rande erwähnt. Was aber wirklich bemerkenswert am Stoneblogger ist, das sind seine Inhalte. In den Artikeln mäkelt sich Chef Steinkühler in etwas krudem Stil einen ab über allerlei politisches, zum Beispiel über Hannelore Krafts Twitter-Aktivitäten oder Kurt Beck und den Nürburgring. Verlinkungen nach außen gibt es ebenso wenig zu besichtigen wie Bilder. Entsprechend mag kaum jemand so etwas lesen und erst recht nicht diskutieren.

Zwei Artikel sind jedoch erwähnenswert. Zum einen ist da ein Stück über das Buch des Kandidaten Steinbrück aus dem Oktober 2011. Darin schreibt Steinkühler:

“Und die (gemeint ist die Jauch-Sendung mit Steinbrück und Helmut Schmidt) zudem dafür sorgen, dass 24,99 Euro dann auch noch die Konten der Autoren und besonders des Vortragsreisenden Peer Steinbrück füllen. Einem Bundestagsabgeordneten aus einer hinteren Reihe, der als Minister in Schleswig-Holstein, in Nordrhein-Westfalen und als Regierungschef in Düsseldorf sowie als Bundesfinanzminister schon nicht schlecht verdiente und der sich in seinen zwei Jahren als MdB nun eine satte Rente in Millionenhöhe erschrieben und erredet hat…

Peer Steinbrück war nie ein Langstreckenläufer, eher ein Sprinter. Und dieser Marathon zur Kandidatur wirkt nun so, als würde er wie ein Ferrari starten und bei Kilometer 36 wie so mancher Dauerläufer von einem mächtigen Hammer getroffen, der den Sportwagen zum Fiat 500 schrumpfen lässt. Denn einer, der sich über seine sozialdemokratische Partei erhebt, mit schneidiger Arroganz und Besserwisserei, dem traut man die Erdung der Basis nicht zu. Ein Mann, der schon zehn Monate im Voraus weiß, dass er an keinem Wochenende im März 2012 Zeit für einen zweistündigen Besuch einer Veranstaltung mit 400 Genossen an der Basis findet, aber beim Bund der Arbeitgeber am 22. November genauso wie in unzähligen x-beliebigen Buchhandlungen zwischen Kiel und Passau auftritt, der spielt mit der Unterstützung derjenigen, die ihn zum Kandidaten küren sollen.”

Nett geht anders. Inzwischen verfasst Steinkühler im Peerblog Jubelarien mit stilistischen Anleihen aus der Tönenden Wochenschau:

“Der Kanzlerkandidat will offenlegen, welche Defizite nach vier Jahren dümpelnder schwarz-gelber Politik in Deutschland sichtbar werden. Die Tatenlosigkeit der Kanzlerin soll nun durch übertriebenen Aktivismus in den letzten Monaten ihrer Amtszeit übertüncht werden. Doch so werden Versäumnisse bei Energiewende oder Mindestlohn nicht überdeckt. Zudem belasten immer neue Affären (Schavan, Brüderle) die Koaltion.

Angeführt von General Gröhe versuchte man sich zuletzt vergeblich in eine Kampagne gegen den Kanzlerkandidaten zu retten…

Peer Steinbrück weiß, dass Wahlen nicht in Berlin und nicht mit Interviews gewonnen werden. Er geht zu den Menschen in Deutschland. Zu denen, die in der Vergangenheit ihm begeistert zugehört haben, die seine Bücher gelesen haben, die seine klare, ehrliche Sprache verstanden und nicht bewusst missverstanden haben. 16 Länder, 16 Hauptstädte, viele Unternehmen. Sozialstationen, Krankenhäuser, Großmärkte wird er besuchen. Arbeiter und Manager, Bauern und Arbeitslose sind seine Gesprächspartner.

Nicht immer können die Medien ihn dabei beobachten. Peer Steinbrück will den direkten und ungefilterten Eindruck von seinen Gesprächspartnern mitnehmen, wie er das in seinem politischen Ämtern oft getan hat. So will er auf seiner Tour für familiengerechte Arbeitsplätze werben, er will mit Unternehmern über die Einrichtung von Betriebskitas sprechen, um jungen Müttern die Rückkehr ins Berufsleben zu erleichtern. Oder mit Landwirten über Tierschutz sprechen. Zuhören und Verstehen ist das Ziel dieses direkten Dialogs des Kanzlerkandidaten mit den Menschen.”

Das könnte so auch in “Er ist wieder da” stehen.

Der andere bemerkenswerte Blog-Artikel des Stoneblogger handelt von Armin Laschet, der ein Video mit einer wenig glücklichen Formulierung löschen ließ. Steinkühler kündigt an:

“Am Donnerstagmittag, 5. April 2012, um 8.28 Uhr New Yorker Zeit (14.28 Uhr MEZ), wurde Laschets seltsamer Wahlaufruf nach 5 Aufrufen (der Autor gehörte zu den wenigen exklusiven Betrachtern) gelöscht. Doch das Netz hinterlässt Spuren, die im nächsten Blog zu besichtigen sind.

Im nächsten Blog? Steinkühler will ein ganzes Blog gründen, um über Laschets Fehler zu debattieren? Natürlich nicht. Der PR-Mann weiß nur einfach nicht, dass ein Blog etwas anderes ist als ein Blog-Artikel. Und dass Blog-Artikel chronologisch angezeigt werden, denn jene beschriebenen Spuren sind im Blog-Artikel zuvor einsehbar. Der ist wieder nicht verlinkt – Steinkühler scheint eine gewisse Allergie gegen Links zu besitzen.

Schnappschuss (2013-02-05 16.28.21)

Dies war dann aber auch die letzte Regung des Stonebloggers, fast ein Jahr ist sie alt. Trotzdem ist das tote Teil weiter prominent auf der Homepage von Steinkühlers Agentur verlinkt. Wer den Link klickt, landet auf jener hyperventilierenden Selbstbejubelung. Kein Wunder, dass sich auch auf Facebook niemand für die Agentur begeistern mag (ohnehin darf strategisch gefragt werden, warum Agenturen eine Facebook-Präsenz benötigen sollten): 10 Fans zählt sie, eine Vanity-URL ist anscheinend nicht beantragt worden. Noch dazu verwendet Steinkühler das Facebook-Logo im Profilbild – was gegen die AGB des Netzwerks verstoßen dürfte. Dies könnte auch für den Twitter-Account der Agentur gelten, der immerhin doppelt so viele Follower erreicht als die Facebook-Seite Fans. Also 20. Ach ja, auf Youtube erreichte Steinkühler, trotz prominenter Interviewpartner nur homöopathische Abrufzahlen mit mittelmäßig gut gemachten Videos.

Schnappschuss (2013-02-05 16.35.42)

Und dieser im Web zutiefst erfolglose Dienstleister bejubelt sein weder technisch, noch optisch und schon gar nicht inhaltlich beeindruckendes Peerblog als Obama-gleich? Er kritisiert, die deutschen Politiker hätten nicht verstanden wie es geht, dieses Interwebs? So viel Ego ist gemeinhin nur durch die Zufuhr nicht unerheblicher Mengen Psychopharmaka erreichbar.

Immerhin ließe sich so dann auch der jüngste Blog-Artikel für Peer begründen. Denn jenes Weblog kassiert Kritik. Carta hat mal ein paar Twitter-Reaktionen zusammengefasst, Meedia schüttelt den Kopf, Netzpolitik lacht über die krude Selbstdarstellung. Ehrlich gesagt, aber ist die Blogosphäre gar nicht so aktiv zu diesem Thema, wenige Autoren beschäftigen sich mit dem drögen Teil, es sind eher die klassischen Medien, die das Peerblog hochkochen. Doch für dessen Macher ist diese mittelmäßige Resonanz schon Grund genug, auf der Facebook-Seite zu schreiben, das Netz “dreht durch”. Gut, man ist ja nicht so viel gewöhnt, bei Steinkühlers.

Wer diese begründete, substanzielle Kritik anbringt, der ist für Karl-Heinz Steinkühler ohnehin ein “Jammerer“. Die Aufregung im Netz gebe es ja nur, weil es etwas Neues gebe, das “in die vertraute Gemeinschaft” eindringe. Das zeugt schon davon, dass Steinkühler exakt überhaupt keine Ahnung hat von der deutschen Blogosphäre. Lust, sich damit zu beschäftigen, hat er natürlich auch keine.

Dieses Blog, also, will Peer Steinbrück unterstützen. Doch wie so oft im Internet gilt: Technologie verändert nicht alles radikal, sondern bringt vieles zurück, was vergessen schien. Zum Beispiel jenes alte Klagegebet von Voltaire:

Mein Gott, bewahre mich vor meinen Freunden, mit meinen Feinden werde ich allein fertig.”

Nachtrag vom 7.2.: Der Spuk ist vorbei. Wegen Hacker-Angriffen geht das Peerblog offline. Man darf vermuten, dass dies seinen Erdenkern inzwischen mehr als recht ist. Der aufgeblasene Stil der Verantwortlichen ist damit aber nicht abgelegt. In einer Pressemitteilung schreiben sie:

“Firewalls gegen unerwünschte Eindringlinge auf CIA-Niveau kamen und kommen für uns nicht in Frage.”

Wie die Nachdenkseiten aber ganz richtig schreiben: Genügt hätte vermutlich schon ein Sicherheitspaket des Webhosters für 49 Euro im Monat.


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